Solche Manipulationen wünscht man sich sicherlich nicht, jedoch ist sie schon zur Realität geworden. Was steckt da eigentlich dahinter? Muß man sich Sorgen machen? Kann man Bio-Gemüse nach wie vor mit gutem Gewissen geniessen? Hat so etwas Konsequenzen für die Volksgesundheit? Fragen über Fragen, die einem in den Kopf kommen, wenn man beginnt, über so etwas nachzudenken...
In der Vergangenheit wurde der Anbau von Bio-Gemüse vor allem gedanklich verbunden mit dem Verzicht auf Pestizide und chemisch aufbereitete mineralische Düngung. Das ist sicherlich auch heute noch so. Doch kommt nun ein weiteres Kriterium ins Spiel. Es ist das Saatgut!
Über hunderte von Jahren war es gute landwirtschaftliche Tradition, dass Bauern einen Teil ihrer Ernte als Saatgut zurückbehalten haben, um es in der nächsten Saison wieder auszusähen. Später haben diese Aufgabe dann zunehmend Saatgutbetriebe übernommen, die sich auf diese Aufgaben spezialisiert haben.
Doch der betriebswirtschaftliche Druck ist gewachsen. Auf den gleichen Ackerflächen „muß“ immer mehr geerntet werden, damit ein landwirtschaftlicher Betrieb rentabel wirtschaften, das heißt weiter existieren kann. Eine solche Entwicklung, die zweilfellos mit dem bestehenden Wirtschafts- und Gesellschaftssystem verbunden ist, macht auch um den Bio-Landbau keinen Bogen. Immer ertragreichere Sorten „müssen“ her...
Das führte zu verstärkter Entwicklung der Hybridpflanzen. Dazu werden in der Pflanzenzüchtung jeweils zwei ertragreiche Sorten gekreuzt, wobei eine noch ertragreichere Sorte entsteht. Nur diese Hybridsorten haben ein Problem. Sie sind nicht samenfest. Das bedeutet, daß sie nur einmal ausgesät werden können. Ein zweites mal würden sie dann nur einen ganz geringen Ertrag bringen. Das wiederum bedeutet, daß in jedem Jahr neues Saatgut eingekauft und folglich auch produziert werden muß... was zu neuen Abhängigkeiten führt.
So ergeht es bekanntlich auch vielen Kleingärtnern. Bisher hat man nicht so darauf geachtet, wenn man für seinen Gemüsegarten Samen eingekauft hat, auf dem der Namen „Hybrid“ vorkam... Also stehen nahezu alle Kleingärtner vor dem gleichen Problem, mit dem sich die Bio-Branche nun auseinanderzusetzen hat. Nur kaum jemandem ist es bisher aufgefallen, daß man auch in seinem eigenen Garten genverändertes Gemüse angebaut hat. Die meisten Leute wissen es nicht...
Ich selbst habe ich mich gewundert, daß ich im Frühjahr demeter-Samen gekauft habe, auf dem extra hervorgehoben wurde, daß es sich um eine samenfeste Sorte handelt. Nun ist mir auch klar geworden, was dahintersteckt. Jetzt können wir die Möhren schon ernten und sie haben einen viel besseren Geschmack, als selbst jene im Bio-Laden gekauften. Einen Geschmack, wie früher...
Doch junge Menschen kennen eben diesen Geschmack „von früher“ nicht. Sie sind bereits größtenteils auf den viel blasseren Geschmack von Hybrid-Gemüse geprägt... Wen wundert es dann, daß die meisten jungen Leute kaum Gemüse essen? Das erscheint mir ein echtes Problem zu sein.
Im konventionellen Gemüsebau ist die genetische Veränderung des Samens und folglich auch der daraus gewachsenen Pflanzen schon lange üblich. Nun hat man so etwas auch im Bio-Landbau entdeckt. Und die Aufregung ist groß...
Was will man aber machen, wenn Pflanzen gekreuzt werden sollen auf denen männliche und weibliche Blütenstände vorhanden sind. Diese würden sich doch selbst bestäuben und die Kreuzung würde nicht gelingen. Also muß man die männlichen Blütenstände der einen Pflanze „ausschalten“... und durch die der gewünschten Sorte ersetzen.
Das kann manuell erreicht werden, ist aber auf diesem Wege sehr mühsam. Also greift man in die Pflanzenzellen ein und nimmt der Pflanze damit die Möglichkeit, männliche Blütenstände auszubilden. Eine solche Sterilität wird CMS (Cytoplasmatische Männliche Sterilität) genannt.
Doch wie erreicht man in der Züchtung eine solche Sterilität? Nun bin ich kein Biologe, deshalb kopiere ich hier einen Auszug aus einem Fachartikel. Man muß das vielleicht mehrmals lesen, um es einigermaßen zu verstehen. Und jeder mag sich selbst seinen Reim drauf machen, ob das Genmanipulation ist oder nicht. Rein rechtlich gesehen, ist sie es wohl nicht. Doch ein gutes Gefühl kommt dabei auch nicht auf.
Im Fall von Chicoree beispielsweise ist die am nächsten verwandte Pflanze, bei der CMS auf natürliche Weise auftritt, die Sonnenblume. Man muß also Chicorée und Sonneblume kreuzen, wenn man die CMS-Eigenschaft der Sonnenblume auf den Chicoree übertragen will, um dann "fröhlich" mit dem Chicorée weiterzüchte zu können.
Hier also dieser Text:
„Wie wird gezüchtet? Da Chicorée und Sonnenblume nicht auf einfache Weise kreuzbar sind, bedient man sich der Technik der Protoplasten-Fusion. Dazu werden Zellen beider Pflanzen zunächst mithilfe von Enzymen ihrer Zellwand beraubt, dann vermischt und entweder durch Einwirkung bestimmter chemischer Substanzen oder elektrischen Stroms zum Verschmelzen gebracht. Die Fusionsprodukte werden dann in Zellkultur weiter vermehrt und später zu ganzen Pflanzen regeneriert. Beim Chicorée hatte man offenbar noch das Glück, dass sich der Zellkern der Sonnenblume, dessen Eigenschaften der Züchter ja gar nicht braucht, von selbst verabschiedete. Auch von Plastiden war wohl keine Spur mehr, nur die CMS-vermittelnden Mitochondrien waren noch da. In anderen Fällen wurde bei solchen Versuchen insofern nachgeholfen, als man den unerwünschten Zellkern mit Radioaktivität abschwächte (asymmetrische Hybride) oder inaktivierte (cytoplasmatische Hybride oder Cybride).“
Was ist das Fazit des Ganzen?
1. Es entwickeln sich fragwürdige Tendenzen im Gemüsebau. Im traditionellen Anbau gibt es das schon länger und in viel größerem Maße, neuerdings auch im biologischen Landbau. Verbrauchern ist das kaum aufgefallen.
2. Sicherlich ist es gut, wenn solche Sachen stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit treten. Daraus entsteht die Forderung der Kennzeichnung des entsprechend manipulierten Gemüses, zumindest in den Bioläden. Damit kann man zielgerichtet samenfeste Gemüse auswählen und wird auch etwas kritischer auf Hybridpflanzen zurückgreifen. Dazu muß jedoch der öffentliche Druck weiter erhöht werden, denn derzeit ist von einer entsprechenden Kennzeichnung noch nichts zu sehen.
3. In diesem Zusammenhang geraten auch die Bio-Anbauverbände unter einen gewissen Druck. Bei Bioland, Naturland und Demeter gibt es bereits ein Verbot für CMS-Hybride. Dadurch könnte auch das Kaufverhalten und damit die Nachfrage beeinflußt werden.
4. Belastend für die menschliche Ernährung scheint eine solche Praxis der Pflanzenzüchtung nicht zu sein. Gottgewollt ist sie aber auch nicht. Man kann also solches Gemüse gefahrlos essen. Das Problem scheint mir vor allem in der schleichenden Genveränderung der Nahrungsmittel zu bestehen. Wer sich an die CMS-Manipulation einmal gewöhnt hat, der wird auch kaum auf die Barrikaden steigen, wenn schärfere Genmamipulierungen erfolgen, die für die menschliche Gesundheit grenzwertig erscheinen, in keinem Falle aber gesundheitsförderlich sind..
5. Die Auswirkungen für die Natur sind überhaupt noch nicht abzusehen. Monokulturen werden gefördert, die naturgewollte und hervorgebrachte Vielfalt wird immer mehr eingeschränkt. Das hat zweifellos erhebliche Folgen für das Gleichgewicht vieler natürlicher Prozesse und Entwicklungen. Ich denke da gleich an das Wort eines alten Schamanen: „Du sollst nicht gegen die Natur handeln. Denke gar nicht erst daran. Die Natur wird Dich immer besiegen...“
Soviel nur einige Gedanken zu diesem Thema. Wer sich dafür interessiert, dem habe ich noch einige Artikel zu dieser Thematik angehängt.
Panik ist also nicht angesagt, jedoch Aufmerksamkeit...
Ganz in diesem Sinne eine schönes Wochenende und eine gute Zeit
Euer Hans